Ein Interview mit unserem Bürgermeister Dr. Martin Mertens
Interviewer: „Herr Dr. Mertens, Sie sind bereits seit 2014 Bürgermeister der Gemeinde Rommerskirchen und haben in dieser Zeit viele Krisen erlebt. Um einige Stichworte zu nennen: Corona, Energiekrise oder auch die anhaltende Flüchtlingsbewegung. Wie gehen Sie damit um?“
Dr. Martin Mertens: „Es ist in der Tat eine Aneinanderreihung von großen Herausforderungen, wie es sie in den vergangenen 50 Jahren in dieser Häufung nicht gegeben hat. Das fängt beim Thema Energiesicherheit und Energiepreise an, geht übers Thema Unterbringung Geflüchteter, Integration, Blackout, bis hin zur allgemeinen Verunsicherung bei der Bevölkerung. Auch Corona ist längst nicht vorbei. Da ist einiges, was wir auch vor Ort im Rathaus lösen müssen und wo wir, gemeinsam als Team Gemeindeverwaltung Rommerskirchen, viele Aufgaben zusätzlich schultern, um uns da gemeinsam durch diese stürmische See zu schiffen.“
Blackout: Gemeinde Rommerskirchen ist für den Ernstfall vorbereitet
Interviewer: „Jetzt haben Sie gerade schon das Thema Energiekrise angesprochen. Wie geht man damit, gerade vielleicht auch als kleine Kommune, um?“
Dr. Martin Mertens: „Wir haben natürlich keine eigenen Kraftwerke. Sollte es tatsächlich zu dem unwahrscheinlichen Fall eines Blackouts kommen, dann sind wir aber vorbereitet:
Das geht bei Meldeketten los, die auch ohne Strom funktionieren müssen. Da geht es um die Versorgung der Bevölkerung, zum Beispiel mit Lebensmitteln, oder aber die Gesundheitsversorgung. Man muss sich vorstellen, wenn man kein Mobiltelefon nutzen kann, man braucht aber einen Rettungswagen, dann muss das die Gemeinde sicherstellen. All‘ das machen wir. Da haben wir mit dem Krisenstab gute Möglichkeiten geschaffen: Wir haben Notstromaggregate, damit auch die Feuerwehrgerätehäuser Strom haben, damit die Erstrettung immer ermöglicht wird.“
Interviewer: „Jetzt ist Rommerskirchen natürlich auch Anrainerkommune und daher stark vom Strukturwandel betroffen. Wie würden Sie hier die Lage einschätzen?
Dr. Martin Mertens: „Ich bin nach wie vor nicht ganz davon überzeugt, dass der Kohleausstieg, der politisch gewünscht ist für 2030, wirklich so durchzuhalten ist. Gerade beim Thema Versorgungssicherheit wird deutlich, dass eine stabile Stromversorgung überlebenswichtig ist für eine Industrienation. Noch sind wir bei den erneuerbaren Energien nicht so weit, dass wir den Strom ausreichend speichern können. Das mag sich in den nächsten fünf, sechs Jahren vielleicht noch ändern, aber ich bin immer noch skeptisch.“
Klimafreundlich, aber nicht deindustrialisiert werden
„Das sind aber Entscheidungen, die nicht in Rommerskirchen getroffen werden. Die werden in Düsseldorf und Berlin getroffen. Da gibt es den Willen, aus der Kohle auszusteigen. Für uns bedeutet das, dass wir den Strukturwandel proaktiv mitgestalten. Wir sind ja schon seit vielen Jahren dabei: Wir bringen hier neue Projekte auf den Weg. Wichtig ist: Wie können wir die Wertschöpfung in der Region halten? Wie können wir aber auch die Industrie in der Region halten? Damit beschäftigen wir uns tagtäglich.
Für uns ist wichtig, dass wir innovativ vorgehen, dass wir klimafreundliche Maßnahmen ergreifen. Wir dürfen aber auch nicht deindustrialisiert werden. Daran arbeiten wir gewissenhaft.“
Energie: Städte und Gemeinden sollten sich selbst versorgen können
Interviewer: „Braunkohle geht ja auch einher mit dem Thema Klimaschutz. Rommerskirchen soll im nächsten Jahr klimaneutral sein. Was kann man sich darunter vorstellen?“
Dr. Martin Mertens: „Klimaneutral heißt zunächst, dass wir mehr Strom aus erneuerbaren Energien selber produzieren, als wir verbrauchen. Durch Windenergie, aber auch durch Photovoltaik haben wir Ende nächsten Jahres mehr Strom produziert, als in Rommerskirchen verbraucht wird und zwar völlig CO2-frei. Ich bin auch sehr davon überzeugt, dass das jede Kommune machen sollte, dann hätten wir nämlich auch kein Verteilungsproblem. Derzeit erleben wir, dass es viele Kommunen gibt, die die erneuerbaren Energien nicht haben, diese aber gleichzeitig anderen Kommunen zuschieben wollen. Meiner Meinung nach sollte jede Gemeinde sich selbst mit Strom versorgen können. Das ist wichtig. Das ist aber nur ein Punkt.
Es gibt aber noch andere Punkte beim Klimaschutz, an denen wir arbeiten. Das hat viel mit dem Thema Begrünung zu tun, das hat mit Energiesparen zu tun, wir versuchen uns in Rommerskirchen umweltfreundlich weiterzuentwickeln.“
Warum Dr. Martin Mertens gerne Bürgermeister ist
Interviewer: „Jetzt haben wir viel über Herausforderungen gesprochen. Sie sind seit fast neun Jahren Bürgermeister. Was macht Ihnen an dem Job besonders Spaß, was hält sie in dem Job, auch wenn er mit vielen Herausforderungen verknüpft ist?“
Dr. Martin Mertens: „Das ist völlig richtig. Die Herausforderungen sind wirklich enorm. Es gibt nahezu keinen ruhigen Tag im Rathaus. Es gibt auch keine Routine. Aber genau das ist es auch. Man kann die Welt für die Menschen in Rommerskirchen besser machen. Das ist meine Heimat. Und es ist einfach toll, in einem so tollen Team zu arbeiten, mit den vielen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Gleichzeitig gilt es die tollen Menschen in Rommerskrichen mitzunehmen und für Verbesserung zu sorgen. Trotz des ganzen Stresses ist es das, was mich im Amt hält und weshalb ich diese Aufgabe noch gerne viele weitere Jahre machen möchte. Auch um das Schiff Rommerskirchen, trotz der vielen Krisen, die wir soeben schon benannt haben, als Kapitän durch die stürmische See zu navigieren.“